"Plastic Bomb" 08/ 2015
Über "Pervomaya - Live 1. Mai":
AUTOZYNIK aus München sind eine dieser Bands, welche es Rezensenten alles andere als einfach machen. Besonders, wenn man das zu besprechende Machwerk, aus dem PLASTIC BOMB-Hauptquartier erst kurz vor dem Redaktionsschluss, mit noch 12 anderen Delinquenten zur schnellen Aburteilung geschickt kriegt und die betreffende Scheibe auch noch eine Doppel-Live-CD mit 30 Stücken und einer Gesamtspielzeit von fast 2 Stunden ist.
Erschwerend hinzu kommt noch, dass sich die Musik der Herrschaften aus München einfachen Kategorisierungen auch einfach frech entzieht und dies dazu sozusagen kategorisch & konsequent. Ein bissel hört sich das hier so an, als ob EA80, nach dem gemeinsamen und von reichlich Wodka flankierten Konsum des Roadmovies „Wir können auch anders…“ von Detlev Buck, eine äußerst unruhige Nacht im Proberaum zusammen mit den Russen von DISTEMPER verbringen würden. Zu vorgerückter Stunde und im gemeinsamen Delirium werden dann zusammen Künstler wie PINK FLOYD, BERT BRECHT, IVAN REBROFF und diverse Punkbands gecovert. Ist wirklich eine sehr eigene und zudem auch sehr abwechslungsreiche Mischung, irgendwo zwischen Kunst und Chaos & Politik und Spaß, was AUTOZYNIK hier präsentieren. Eine gehörige Portion Wodka und Wahnsinn helfen auch dabei die gefährliche Klippe namens Kunstkacke zu umschiffen.
Aufmachung ist mit Digipack und dickem Booklet auch über jeden Zweifel erhaben. Textlich zwischen engagiert und verrückt pendelnd, gibt es hier eigentlich nichts dran zu meckern, es sei denn man bevorzugt seinen Punk generell vom Reißbrett und oder aus irgendwelchen muffigen Schubladen.
Über "Pervomaya - Live 1. Mai":
Live-Doppel-CD mit fast ausschließlich neuen Stücken, die auf den ersten beiden Tonträgern nicht enthalten waren. So gesehen also eine neue Platte, und damit mehr als „nur“ eine Live-CD. Irre Mischung aus ...
ja was? Da klingen kurz mal BEN RACKEN, STRAFE, EA80 durch, dann FEELING B, Polka, Irrsinn, WORLD/INFERNO, Theater, Wahnsinn, Kabarett, Chaos, Struktur ... Alles wird zusammen in einen großen Topf geworfen, gut durchgerührt und heiß serviert.
Sehr cool, weil einerseits schräg, andererseits mit einem Händchen für Spannungsaufbau und gute Melodien. Hat etwas von BERURIER NOIR, nur auf einem ganz anderen (weitaus höheren) musikalischen Level.
Das Chaos, das die Franzosen auf eine Bühne gezaubert haben, kann ich mir bei den Münchnern ebenfalls sehr gut vorstellen. Nur begnadete Musiker fangen solche Raubzüge in verschiedenste Stilrichtungen so gekonnt immer wieder und wieder ein.
Sehr spannend und sehr gut, wenn man mal den Blick über mehrere Tellerränder riskiert. Würden die Herren von EA80 mit Drogen experimentieren und die BUTTHOLE SURFERS Mönchengladbach kennen, dann könnte sich das exakt so anhören.
Über "Nye Kartofler":
Man fragt sich, sich dabei am Kopf kratzend, wie man sowas schafft. Die Grundzutat, die auch andere Rezensenten schon erkannt haben, sind EA80, aber da die aus München-Gladbach kommen (ehrlich, so hieß das Kaff am Niederrhein bis 1933 oder so) und die hier aus München, ist da ja irgendwie eine natürliche Verbindung gegeben.
Düsterpunk also, von der Gitarre her, und vom Gesang. Ansonsten aber auch Tröten, und Folkloristisches, und QUEEN und NOVOTNY TV. Und vor allem: Don’t call me Deutschpunk! Und auch: Jedes Lied klingt anders.
Und die Texte: Gaga. Dada. Haha. Ich zitiere aus „Frühlingslied“: „Gott ist mir doch völlig scheißegal / Ich bete beim Scheißen und spritz dir in die Bibel“ Herrgott, beim Scheißen möge der Blitz sie treffen! Kommunisten-Atheisten! Aber Quatsch sind die Texte nur manchmal, unterm Strich sind sie überlegt und durchdacht und mit Aussage und so, und richtig gut.
Ein Album, das einen ratlos zurücklässt, weil so eigenwillig und freigeistig – so, wie man sich Punk ganz ursprünglich vorstellt. Kommt nur als LP, auf weißem Vinyl und mit Klappcover. (Diese Band war auf der Ox-CD #90 zu hören)
Über "Bing":
Endlich mal wieder eine Platte aus dem "Für- Normalsterbliche- einfach- unausstehlich" -Sektor. Wer sich zum ersten mal die 68 Minuten des Debütalbums der Münchener Autozynik zu Gemüte führt wird wohl ernsthaft daran zweifeln, ob die Band das Ganze hier ernst meint oder man nicht gerade eine Verarschung höchster Perfektion über sich ergehen lässt. Disharmonischer Gesang, der an frühe Deutschpunkbands erinnert und in insgesamt drei verschiedenen Sprachen (Deutsch, Englisch, Serbokratisch) daherkommt, dazu ständig variierende Musik, die sich am ehesten noch als traditioneller Folk-Psychopunk charakterisieren lässt, ergeben eine Melange, die sich nicht unbedingt als nette Hintergrundmusik fürs nächste Kaffeekränzchen eignet. Mit viel Pathos werden die zumeist nicht so ganz leicht verständlichen Inhalte präsentiert, kreischende Zwischentöne und Geräusche aus der Tierwelt und sonstigen Umwelt gehören zum irritierenden Sound-Cocktail ebenfalls dazu und verlangen eine Menge Aufmerksamkeit vom Hörer. Wer also demnächst mal wieder einige surreale Stunden vor den heimischen Lautsprechern verbringen will, möge sich das Polka-Punk-Debüt der innovativen Musiker geben, alle anderen seien gewarnt, denn diese Soundvielfalt könnte so manchen arglosen Musikliebhaber in den Wahnsinn treiben.
OX #41
Über "Bing":
Das ist Country! AUTOZYNIK aus München stehen auf Volksmusik, spielen gerne Punk und singen ab und zu russisch. Ein wenig krank ist sowas ja schon. Und gut. Immer schön um die Schublade herum gespielt. Da kommen ganz ruhige Momente mit depressivem Gesang, dann kurz fetter Hardcore, plötzlich wieder mal Punk mit Quetsche, sogar Tango auf russisch und seltsame Gedichte mit ekelhaftem Techno im Hintergrund. AUTOZYNIK klingen wie Wodka, wie EA80 in Begleitung der Wolgaschiffer-Chöre, wie Ivan Rebroff auf Speed. Wenn Anarchie eine Melodie hat, dann ist es diese. Mal sehen, wie lange die noch frei rumlaufen dürfen. Pflicht!
"Plastic Bomb" 09/ 1999
Über "Bing":
Über "Bing":
AUTOZYNIK ist eine Band, die man eigentlich nicht in eine Schublade stecken kann. Es gibt düsteres Postpunk-Gedröhne, was sich abwechselt mit Eläkeläiset-Polka-Rhythmen mit EA80-ähnlichem Gesang (dieser Vergleich drängt sich die ganze Zeit auf). Und beim nächsten Song ist es dann auch schon wieder ganz anders, so folgt dann z.B. ein fröhliches Rocklied über den Tod mit gemeinen Texten, was im gleichen Atemzug aber russisch angehauchte Moll-Akkorde zelebriert.
Selbst vor psychedelischen Gitarrenteppichen unterlegt mit Hammondorgel wird nicht zurückgeschreckt. Das Ganze ist dann unterlegt mit Texten in Deutsch, Englisch und Serbokroatsch. Es ist echt schwer, zur Musik von AUTOZYNIK was zu schreiben, hier empfiehlt es sich tatsächlich, mal hineinzuhören. Weniger schwer wird es die Band dann sicherlich haben, neue Fans zu finden. Nur hören müßte man sie und da wünscht man ihnen doch einen großen Vertrieb. (H.H.)
Über "Bing":
Was steht bei Nestor geschrieben? Nun, so grob können wir es auch übersetzen:
Deutsch, Post-Punk mit chaotischen stilistischen Spielen ... Cow Punk, Ska mit Folk, Polka... krankes Mobil (Autozynik). Dann kommt irgendwas von wegen Bands kreuzen, dann kommt Autozynik raus. Stimme bisschen wie Rammstein [sic!], interessanter als Offspring. Erinnerungen an Dead Kennedys und Clash in ihrer experimentellsten Zeit werden wach. Eine Vorliebe für Kühe und Schweine wird diagnostiziert. Sammlung von Stücken zwischen 1996 und 2000. Nicht kommerziell, "Intellektueller Punk" aber auch grad wieder nicht. Eine Transformation von Punk in seine theatralische Farce.